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91 Schläge, die Zug zerstörten – RSI Schweizer Radio und Fernsehen

by Juliane Meier

Eine zerbrochene Brille, eine zerbrochene Brille, eine blaue Leinenjacke mit Kugeln in der Hand. Auf dem Landsgemeindeplatz von Zug erzählte PPD-Abgeordneter Konrad Studerus als einer der ersten Überlebenden vor Journalisten, dass sie den Schauplatz des Schreckens erreicht hätten, den er gerade im Grossen Ratssaal erlebt hatte. Es war der 27. September 2001, ein Donnerstagmorgen. Um 10.30 Uhr stürmte ein mit Gewehren und Pistolen bewaffneter Mann die Regierungs- und Parlamentszentrale und begann, brutal auf Politiker zu schießen. Viele suchten Zuflucht unter Schreibtischen, die Glücklichsten wurden nur von Kugeln gestreift. Zwei Minuten und 34 Sekunden Feuer, 91 Schüsse, bis der Angreifer die Waffe auf sich selbst richtete und ihn erledigte. Die leblosen Leichen von 14 Politikern liegen am Boden, weitere 15 wurden verletzt.

„Ich habe so getan, als wäre ich tot, aber irgendwann konnte ich den Atem nicht anhalten, bemerkte er und feuerte drei weitere Schüsse ab, von denen einer meinen Kopf streifte. Ich kann nur sagen, dass ich sehr viel Glück hatte“, erzählt er Konrad Studerus 20 Jahre später mit zittriger Stimme.

Geschichten, die sich mit denen von Josef Lang verflechten, der ebenfalls nur von einer Kugel in den Kopf getroffen wurde. Trotz des erlebten Grauens war dem Ökohistoriker und Politiker von Anfang an klar: „Es wäre verfehlt, einen gesellschaftlichen oder parteiischen Zusammenhang nachweisen zu wollen, weder mit dem Stil der politischen Debatte, noch mit dem Steuersystem oder dem Finanzplatz Zug. Es war die Explosion einer Person. Das einzige politische Problem, das durch die Tragödie aufgeworfen wurde, war die unzureichende und unverantwortliche Waffengesetzgebung.

Auch Friedrich Leibacher, wie der Angreifer genannt wird, setzte eine Schrotflinte ein, die er wenige Wochen zuvor im Kanton Bern privat erworben hatte. „Heute bräuchte ich eine Genehmigung und der Kauf wäre im entsprechenden Register vermerkt. Wenn das schon damals so gewesen wäre, hätte die Zuger Polizei es bemerkt und der Alarm wäre losgegangen.“

Leibacher war den Zuger Behörden gut bekannt. Ein Streit mit einem Busfahrer hatte ihn Jahre zuvor in einen nie endenden Streit mit den Behörden gestürzt. Eine lange Reihe von Briefen, Appellen und Beschwerden eines Mannes, der sich missbraucht fühlte und dem ein psychiatrisches Gutachten Persönlichkeitsstörungen zugeschrieben hatte. Der dramatische Fall eines „Cherulomanen“, dessen Gewaltpotential jedoch den Behörden entgangen war. Seither wurde in Zug wie auch in anderen Kantonen viel in die Prävention investiert, Vermittler zwischen Bürgern und Behörden eingeführt sowie Datenbanken und Software zur rechtzeitigen Identifizierung von Gewalttätern.

20 Jahre sind seit dem schlimmsten Massaker in der jüngeren Schweizer Kriminalgeschichte vergangen. Ein Anschlag, der viele Familien und einen ganzen Kanton zerstörte. Und das erschütterte das Sicherheitsgefühl einer Nation, die stolz darauf ist, Bundesräte zu haben, die mit der Straßenbahn oder dem Zug zur Arbeit fahren. Seither wurden die Einreisekontrollen für die kantonalen Parlamente und das Bundeshaus sowie der Schutz der Ministerinnen und Minister gestärkt.

Doch der Kanton Zug wollte sich wie die Schweiz der Barbarei nicht beugen. „Wir haben immer gesagt, dass es falsch wäre, von einem Mörder beeinflusst zu werden, ihm die Möglichkeit zu geben, unser Leben und sogar die politische Kultur zu verändern. Es war wichtig, nicht gelähmt zu bleiben und unser Leben wiederzuerlangen“, sagt Tino Jorio, auch einer der Zeugen des Massakers als Kanzler, gerufen, die Zügel eines Kantons in die Hand zu nehmen, dessen Regierung gerade dezimiert worden war.

Ein besonderer Ordner in PlaySuisse

Das Massaker von Zug ist eines der Ereignisse im zweiten Halbjahr 2001, denen PlaySuisse (die Streaming-Plattform der SRG mit einer grossen Auswahl an Schweizer Originaldokumentationen, Serien und Filmen mit Untertiteln in anderen Sprachen) ein spezielles Dossier mit dem Titel . widmet 2001: Katastrophenherbst in der Schweiz.

Gianluca Olgiati


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