Die Schweiz kehrte brutal in die Schlagzeilen der Wirtschaftsnachrichten zurück, als die in großen Schwierigkeiten steckende Credit Suisse die europäischen Finanzen erschütterte. Das Problem wurde innerhalb weniger Tage gelöst: Zuerst kündigte die Zentralbank an, dass sie dem Establishment die nötige Liquidität zur Verfügung stellen würde, dann erfolgte auf Druck der Behörden die rasche Abwicklung der Übernahme durch die UBS. Schnell und effektiv. Die Schweizer Wirtschaft ist in vielerlei Hinsicht immer noch ein UFO in Europa. Niedrig, die Inflation hat nie 3,5 % überschritten. Zweifellos liegt es derzeit über den Standards des Landes und dem Ziel der Zentralbank. Allerdings liegt es deutlich unter den in Europa erreichten Werten.
Niedrige Inflation, starke Währung
Der Grund für diesen Unterschied ist ein Anstieg der Energiepreise auf nur 10 Prozentpunkte unter denen der Eurozone. Diesen Unterschied verdankt das Land seinem Strommix aus zahlreichen Staudämmen und Kernkraftwerken, der ihm für einen Teil des Jahres Autonomie garantiert, verbunden mit einem Preissystem, das nicht vom Großhandelspreis für Strom abhängt. Der einzige Nachteil besteht darin, dass die Schweiz im Winter Strom importiert, was Anfang 2023 zu einem starken Anstieg der Rechnung führte.
Zweite Besonderheit: Zölle auf landwirtschaftliche und tierische Produkte. Um seine Landwirtschaft zu schützen, erhebt das Land sehr hohe Zölle auf importierte Produkte, bis diese das Preisniveau der lokalen Produzenten erreichen. Wenn die Importpreise steigen, sinken die Zölle, wodurch die Inflation bei importierten Lebensmitteln gemildert wird.
Als reiches Land ist auch das Durchschnittseinkommen der Schweizer höher als in den meisten anderen Ländern und das von den Haushalten für die Grundbedürfnisse aufgewendete Budget ist automatisch geringer. Aber das ist noch nicht alles. Spezialisierung auf High-End-Marktnischen, hochqualifizierte Arbeitskräfte, Schweizer Unternehmen, insbesondere Industrieunternehmen, tragen viel höhere Arbeitskosten als in Ländern der Eurozone, insbesondere im Vergleich zu Deutschland. Unter sonst gleichen Bedingungen sind die Materialkosten in den Gesamtkosten dort mechanisch niedriger und die Auswirkungen steigender Rohstoffe werden stärker abgeschwächt.
Schließlich gibt es noch den Schutzschild des Schweizer Frankens gegen importierte Inflation. Der Franken hat im Jahr 2022 gegenüber der europäischen Währung um 8 % an Wert gewonnen. Allerdings entfällt im Durchschnitt der letzten fünf Jahre fast die Hälfte der Schweizer Importe auf den Euroraum. Der Franken ist zudem eine der wenigen Währungen, die im vergangenen Jahr gegenüber dem Dollar so wenig an Wert verloren haben, und wenn die „Credit Suisse“-Affäre Mitte März die Schweizer Währung erschütterte, schloss sich die Klammer sehr schnell.
Bei niedriger Inflation und einer starken Währung haben die Währungsbehörden somit mehr Handlungsspielraum für die Umsetzung ihrer Politik. Die Schweizerische Nationalbank, die letzte große europäische Zentralbank, die aus den Negativzinsen herausgekommen ist, sollte keinen so brutalen Straffungsprozess einleiten wie die Bank of England, die EZB oder die Federal Reserve.
Die Schweizer Wirtschaft kann nicht alleine funktionieren
Trotz all dieser Stärken, zu denen noch eine sehr solide Staatsbilanz mit einer Schuldenquote von knapp über 40 % des BIP und eine ebenso brillante Außenbilanz mit kumulierten Leistungsbilanzüberschüssen hinzukommen, sind die Wachstumsaussichten bis 2023 nahezu identisch mit denen des Euroraums Volkswirtschaften, also etwa 1 %. Und zu Recht hängt die Stärke der Schweizer Wirtschaft teilweise von der Stärke ihrer Exporte ab. Da das Land stark von der Dynamik der europäischen Märkte abhängt, kann es keine Insel des Wohlstands sein, während sich sein externes Umfeld und die Wettbewerbsfähigkeit seiner Währung verschlechtern, wie der enge Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Schweizer BIP und derjenigen des Euroraums zeigt. . Darüber hinaus liegt der PMI-Index für das verarbeitende Gewerbe seit Januar 2023 unter der 50er-Marke, die die Grenze zwischen der Zone der Kontraktion und der Expansion der Aktivität markiert.
Auch die vom internationalen Umfeld geprägte Schweizer Wirtschaft ist von der Abschwächung des Konsums betroffen. Es ist wahr, dass die Inflation niedriger ist als anderswo, aber auch die Lohnsteigerungen sind so, dass die Kaufkraft der Arbeitnehmer schrumpft und dieser Rückgang die Moral der Haushalte belastet. Dies führte zwar nicht zu einem Einbruch des Konsums, bremste jedoch seine Dynamik. Die Schweizer sind umso vorsichtiger, da auch sie den Wertverlust ihres Kulturerbes verkraften mussten. Dabei handelt es sich nicht so sehr um Immobilien, sondern um Finanzvermögen, das stark von fallenden Aktienwerten betroffen ist, wie der Rückgang des Schweizer Marktindex, des Zurich Flagship Index, Anfang bis Ende 2022 zeigt. Es geht um Bankaktien, aber auch um Schwierigkeiten im Pharmasektor, und das jahr 2024 verspricht gelinde gesagt ereignisreich zu werden.
Sie müssen auch auf die Rückkehr des finanziellen Risikos achten. Der Finanzsektor trägt sehr direkt zur Schaffung von mehr als 9 % des BIP bei und beschäftigt 5,2 % der Erwerbsbevölkerung. Es ist etwa doppelt so viel wie in Frankreich. Dennoch messen diese Zahlen nicht die Folgewirkungen in anderen Sektoren.
Die Schweizer Wirtschaft, klein und sehr offen gegenüber der Aussenwelt, kann nicht alleine agieren und wird sich daher der allgemeinen Abschwächung nicht entziehen, verfügt aber im Gegensatz zu anderen europäischen Volkswirtschaften immer noch über den notwendigen Haushalts- und Finanzspielraum, um der Weltwirtschaftslage zu begegnen. Rot werden.

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