Die Situation in der Pflege werde trotz der Akzeptanz der Pflegeinitiative durch die Bevölkerung im Jahr 2021 immer prekärer, beklagt die Unia. Die Gewerkschaft führte am Mittwoch einen Aktionstag in mehreren Schweizer Städten durch, um sofortige Maßnahmen und eine gerechtere Finanzierung zu fordern.
Schlechte Arbeitsbedingungen und insbesondere unzureichende Finanzierung machen die Gesundheitsversorgung „weiterhin krank“, prangerte die Unia am Mittwoch in einer Pressemitteilung an. In neun Schweizer Städten (Basel, Bern, Chur, Delémont, Neuenburg, Olten, St. Gallen, Winterthur und Zürich) präsentierten Pflegekräfte in Flashmobs, Reden und Informationsständen ihre „Lösungen“ für Personalmangel und Qualitätspflege.
In Delémont organisierte die Gewerkschaft beispielsweise eine Aktion auf dem Bahnhofsplatz unter dem Motto „Pflege ist Krankenurlaub: Wir haben das Heilmittel.“ Er verteilte Kisten mit einem Medikament namens „IbuProSoins“ an Passanten, ein Mittel, das „gegen den Zustand der Notversorgung und für eine qualitativ hochwertige Versorgung“ kämpfen soll.
„Wir prangern den Mangel an Gesundheitspersonal an“, erklärte Claudia Catellani, für den Pflegesektor zuständige Gewerkschaftssekretärin, gegenüber Keystone-ATS. Das Gewerkschaftsmitglied bedauert, dass das Gesundheitspersonal im Papierkram ertrinkt und keine Zeit mehr hat, sich um die Patienten zu kümmern. „Das Personal steht unter Druck und ist müde.“
Fünf Sofortmaßnahmen
Laut Unia müssen sofort fünf Massnahmen ergriffen werden. Erstens muss es bei gleicher Beschäftigungsquote erhebliche Lohnerhöhungen oder bei gleichem Lohn eine Verkürzung der Arbeitszeit geben. Gleichzeitig müssen die bestehenden Zeitkontingente und Gutschriften deutlich erhöht und Entschädigungen für kurzfristige Änderungen im Zeitplan eingeführt werden.
Die Unia verlangt bis zum 49. Lebensjahr mindestens fünf Wochen Urlaub, ab dem 50. Lebensjahr sechs Wochen und ab dem 60. Lebensjahr sieben Wochen. Die Gewerkschaft verlangt außerdem die Erfassung der Arbeitszeit und der außerfamiliären Kinderbetreuung.
Pflegekräfte verlassen den Beruf
Fast 300 Pflegekräfte verlassen jeden Monat den Beruf und derzeit sind im Gesundheitsbereich rund 15.172 Stellen nicht abgedeckt, warnt Unia. Für die verbleibende Belegschaft bedeutet dies Arbeitsüberlastung, Stress und ungesunde Dienstpläne. Die Krise betrifft das gesamte Gesundheitssystem, insbesondere aber die Langzeitpflege.
Aufgrund des demografischen Wandels werden bis 2040 54.000 zusätzliche Rettungsbetten und 35.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt, ohne Berücksichtigung von Berufsabgängen. Daher ist Unia besonders besorgt über den Personalmangel in diesen Einrichtungen.
Generell fordert die Gewerkschaft eine gerechte Finanzierung der Pflege und eine Grundversorgung unabhängig davon, ob Betten belegt sind oder nicht. Das System sollte nicht übermäßig aus Gesundheitsmitteln finanziert werden, sondern die Pflegeleistungen besser vergüten, an Qualitätskriterien orientieren und eine bessere Stellenverteilung sowie kontinuierliche Weiterbildung auf allen Ebenen ermöglichen.
Unangefochtene Maßnahmen
Der Bundesrat hat erste Massnahmen vorgeschlagen, um auf die Anliegen der Pflegenden einzugehen. In der Beratung bis Donnerstag wurden sie offenbar nicht angefochten.
Insbesondere wird der Bund ab 2024 über einen Zeitraum von acht Jahren 470 Millionen Franken für die Ausbildung von Pflegefachkräften ausgeben. Die Kantone müssen einen entsprechenden Betrag beisteuern.
Damit will der Bundesrat auf die wachsenden Bedürfnisse im Pflegebereich reagieren. Damit wird auch ein wichtiger Teil der Volksinitiative Pflege umgesetzt, die im November 2021 vom Volk angenommen wurde.
Ein zweiter Teil ist geplant, der im Parlament kontroverser sein wird. Die Regierung will die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals verbessern, um die Zahl vorzeitiger Berufsabgänge zu reduzieren. Er wird im Frühjahr 2024 einen Gesetzentwurf vorlegen.
/ATS
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