Das Einbürgerungsverfahren in der Schweiz ist eines der strengsten weltweit. Die Anforderungen variieren von Ort zu Ort und schaffen Ungleichheiten. Für die Beobachtungsstelle für Asyl und Ausländerrechte muss das seit 2018 verschärfte Gesetz dringend vereinfacht werden.
Die Einbürgerungsquote in der Schweiz beträgt nur 2%, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Etwa ein Viertel der in der Schweiz wohnhaften Bevölkerung besitzt keinen Schweizer Pass und ist von der Ausübung politischer Rechte, aber auch von einem stabilen und unbedingten Aufenthaltsrecht ausgeschlossen.
Die Voraussetzungen für eine Einbürgerung sind zu streng und das Verfahren zu vielfältig. Der Bericht dokumentiert mehrere Fälle und macht deutlich, wie komplex das Einbürgerungsverfahren in der Praxis ist und dass das Recht auf Staatsbürgerschaft immer noch oft als Privileg und Ausgrenzungsinstrument verstanden wird.
Anforderungen zu streng
Wer die Einbürgerung beantragen möchte, muss zwei formale Voraussetzungen erfüllen: Niederlassungsbewilligung (C-Bewilligung) und zehn Jahre Aufenthalt in der Schweiz. Vor der Prüfung kann eine Aufenthaltserlaubnis (Ausweis B) oder eine vorläufige Zulassung (Ausweis F) ausreichen.
Mit der Neuregelung sind viele Menschen, insbesondere junge Menschen, die in der Schweiz geboren wurden oder als Kinder in die Schweiz kamen, für lange Zeit vom Schweizer Bürgerrecht ausgeschlossen. Die Einbürgerung beschleunigt jedoch nachweislich die Teilhabe und Integration.
Personen, die sich einbürgern lassen wollen, müssen auch die „Integrationskriterien“ erfüllen. Integration ist erfolgreich, wenn die Person die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie die Werte der Verfassung respektiert, sich in einer der Landessprachen verständigen kann, am Wirtschaftsleben oder am Erwerb einer Ausbildung teilnimmt und die Integration unterstützt seiner Familie.
Die von ODAE-Schweiz beschriebenen Fälle zeigen, dass diese Kriterien zu streng angewendet werden. In einem Fall wurde der Einbürgerungsantrag wegen eines unbeschädigten Verkehrsunfalls ausgesetzt. In anderen Fällen lehnten der Kanton oder die Gemeinde das Gesuch ab, weil die Personen konkrete Ortsangaben nicht kannten. Zu gross sind die kommunalen und kantonalen Unterschiede im Verfahren.
Mehr als 10 Empfehlungen
Um mehr Gerechtigkeit zu gewährleisten, gibt ODAE-Schweiz rund zehn Empfehlungen ab. Einbürgerungsgespräche müssen auf kommunaler Ebene von spezialisierten Stellen geführt und verbalisiert werden. Abstimmungen über Einbürgerungen in Gemeindeversammlungen sollten abgeschafft werden.
Einbürgerungsanträge sollen nur im Bedarfsfall wegen anhängiger Strafverfahren ausgesetzt werden können. Andernfalls müssen Ansprüche innerhalb eines klar definierten Zeitrahmens gelöst werden. Die Gebühren für das Einbürgerungsverfahren sollen schweizweit vereinheitlicht und gesenkt werden.
Die Behörden müssen proaktiv über die Möglichkeit der Einbürgerung informieren. Personen mit Aufenthaltstitel oder vorübergehender Zulassung sollen einen Antrag stellen können und die Aufenthaltsdauer von zehn Jahren soll verkürzt werden.
Erbe
Kantone und Gemeinden dürfen die Vorgaben des Bundes bezüglich der Einbürgerungsvoraussetzungen nicht überschreiten. Bei Flüchtlingen muss das Einbürgerungsverfahren beschleunigt werden.
Die zweite Generation soll problemlos eingebürgert werden und schliesslich soll das «ius soli»-Prinzip eingeführt werden, nämlich dass eine in der Schweiz geborene Person mit der Geburt das Schweizer Bürgerrecht erwirbt. Die Einbürgerungsverfahren müssen fair, gleich und nichtdiskriminierend gestaltet werden, so das Fazit der Beobachtungsstelle.
/ ATS
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