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Da die Schweiz vor der Entscheidung steht, das GVO-Pflanzenverbot zu erneuern, lässt der Widerstand der Verbraucher nach

by Christoph Ludwig

Wir hören oft, dass Schweizer Konsumenten eine gentechnikfreie Landwirtschaft wünschen. Aber die Verbraucherakzeptanz von gentechnisch veränderten Pflanzen ist wahrscheinlich höher, als uns die Medien glauben machen wollen, sagt Angela Bearth.

Das Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen in der Schweiz läuft Ende dieses Jahres aus. Eine vierte Verlängerung ist geplant, auch die moderne Genomeditierung bleibt unter dem verlängerten Moratorium verboten. Daher wird dieses vielversprechende Instrument der Pflanzenzüchtung auch weiterhin so streng reguliert wie die traditionelle Gentechnik. Befürworter einer solch strengen Regulierung argumentieren oft damit Verbraucher lehnen gentechnisch veränderte Produkte ohnehin ab. Doch diese Argumentation hält einer Überprüfung nicht unbedingt stand.

Befürworter des Moratoriums zitieren oft ältere Studien, die sich auf frühe gentechnische Methoden konzentrierten, oder leiten ihre Ergebnisse aus unzureichender Datenlage ab. Viele Aussagen beziehen sich auf eine jährliche Erhebung des Statistischen Bundesamtes, um das Argument eines Tiefs zu untermauern Verbraucherakzeptanz, zum Beispiel. In diesem Dokument teilen Verbraucher ihre Meinung zur Gefahr der Gentechnik für die Lebensmittelproduktion. Gemäß Testergebnisse, gentechnisch veränderte Lebensmittel gelten als ebenso gefährlich wie der Rückgang der Biodiversität, synthetische Pestizide und der Klimawandel.

Unsere Wahrnehmung hängt vom Kontext ab.

Wir können nicht aus einer einzigen isolierten Frage schließen, dass Verbraucher Gentechnik grundsätzlich ablehnen. Losgelöst von einem technologischen Kontext verschleiert die Fokussierung auf Gefährdungen andere Aspekte, die die Akzeptanz beeinflussen können. Die Risikoforschung hat gezeigt, dass Menschen bereit sind, ein begrenztes Maß an Unsicherheit zu akzeptieren, wenn sie dies als persönlich oder gesellschaftlich vorteilhaft ansehen können.

Als Psychologin möchte ich verstehen, wie Menschen mit komplexen Problemen umgehen und Entscheidungen treffen. Ich studiere viele Fächer in den Naturwissenschaften und arbeite mit anderen Disziplinen zusammen. Die Leute unterschätzen oft die Arbeit, die in eine gute Umfrage zur Akzeptanz neuer oder bestehender Technologien gesteckt wird. In diesem Rahmen gibt es evidenzbasierte Prinzipien, die es uns ermöglichen, gültige und relevante Antworten zu erhalten.

Stellen Sie Fragen, ohne die Antworten zu beeinflussen.

Das erste Prinzip besteht darin, die Fragen so zu formulieren, dass keine konkreten Antworten nahegelegt werden. Jemanden zu fragen, was er über die Risiken der Gentechnik denkt, impliziert, dass es ein Risiko gibt. Dies fördert extremere Antworten als beispielsweise eine neutrale Frage nach der persönlichen Meinung einer Person.

Das zweite Prinzip ist, dass die Befragten verstehen müssen, was sie kommentieren. Aus der Psychologie wissen wir, dass Menschen dazu neigen, bei unsicheren Entscheidungen auf Heuristiken, einfache Faustregeln, zurückzugreifen. Diejenigen, die wenig über ein Thema wissen, werden vom Verein angeleitet. Auf die Frage, ob sie eine normale Kartoffel oder eine gentechnisch veränderte Kartoffel bevorzugen würden, entscheiden sich die meisten Menschen für die „normale“ Kartoffel, weil ihnen der Begriff der Gentechnik ein leichtes Unbehagen bereitet oder sie sich im Internet eine „Frankensteiner Kartoffel“ vorstellen.

Es fehlen aussagekräftige Daten.

Für eine valide Einschätzung der Schweizer Einstellung zur Gentechnik brauchen wir neue Daten aus den Sozialwissenschaften, die der Komplexität des Themas gerecht werden. Seit die Stimmbürger die Anti-GVO-Initiative im Jahr 2005 angenommen haben, hat es enorme wissenschaftliche und gesellschaftliche Fortschritte gegeben.

Neue Genome-Editing-Techniken sind viel präziser als die Gentechnik der 2000er Jahre und haben das Potenzial, Pflanzensorten zu züchten, die resistent gegen Krankheiten und Witterungseinflüsse sind, ohne fremde DNA in das Erbgut von Pflanzen einzubringen. Die befürchteten Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen haben sich derweil nicht realisiert. Viele Forscher fordern jetzt eine Einzelfallbewertung neuer Sorten, die nicht darauf basiert, wie sie angebaut werden, sondern auf ihren intrinsischen Eigenschaften.

Darüber hinaus ist eine neue Generation von Verbrauchern viel offener für innovative Lösungen in der Landwirtschaft. Ich stelle mir eine Gesellschaft vor, die angesichts drängender Probleme unserer Zeit, wie dem Einsatz von Pestiziden, dem Klimawandel und dem Artensterben, offener für neue Technologien ist.

Diskussion neu starten

In einer Studie zur Akzeptanz verschiedener Lösungen gegen Krautfäule bei Kartoffeln haben wir Teilnehmern vier Maßnahmen vorgestellt, die die Kartoffel schützen oder resistent machen: Injektion synthetischer Fungizide, Behandlung mit Kupfer, Einbringen von Genen aus einer Kartoffel-Wildsorte (Gentechnik). ) oder Veränderung des Erbguts der Kulturkartoffel (Genome Editing). Das Ergebnis: Die meisten Menschen bevorzugten die Gentechnik.

Natürlich können wir aus dieser Studie allein nicht auf eine grundsätzliche Zustimmung der Schweizer Bevölkerung zur Gentechnik schließen. Aber die Ergebnisse legen nahe, dass die Frage nach der Wahrnehmung von Gentechnik es ist viel komplexer, als uns die Medien glauben machen wollen.

Es ist unverantwortlich und bevormundend, die Idee komplett abzutun, dass Verbraucher gut erforschten Technologien gegenüber aufgeschlossen sein können. Wenn wir Menschen die richtigen Fragen stellen, erhalten wir relevante Antworten.

Lesen Sie hier den Originalartikel.

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