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Mafia: Die Lage in der Schweiz ist „sehr ernst“, Richterin Rosa Cappa

by Meinrad Biermann

Die Schweiz muss besser gegen die Mafia kämpfen, so die ehemalige Staatsanwältin des Bundes, Rosa Cappa. Dazu müssen spezialisierte Polizeieinheiten und strengere Gesetze gegen Mafia-Gelder geschaffen werden.

„Die Lage in der Schweiz ist sehr ernst“, sagte ein ehemaliger Bundesanwalt von 2003 bis 2015 in einem am Samstag von Blick.ch veröffentlichten Interview. „Vor dreißig Jahren hat uns die Mafia nur ihr Geld auf ihre Bankkonten gebracht. Heute leben seine Mitglieder unter uns, sie haben sich sesshaft gemacht.“

Frau Cappa, heute Anwältin im Tessin, sprach über zwanzig Mafia-Zellen in der Schweiz. Ihr zufolge infiltrieren Gangster und ihre Familien die Wirtschaft, indem sie in Restaurants, Hotels, Gebäude und Geschäfte investieren, um Geld zu waschen. Sie sind auch in die Gesellschaft integriert: Sie leben in Dörfern, gehen in die Kirche und engagieren sich aktiv in Vereinen.

Die Schweiz habe das Problem bislang unterschätzt, so der 54-jährige Jurist: „Die meiste Zeit hat sie nur Italien Rechtshilfe geleistet und war kaum aktiv.“ Es ist bequemer, einen Kriminellen rauszuschmeißen und so zu tun, als sei es vorbei.

Frau Cappa wirft der obersten Schweizer Ermittlungsbehörde, der sie damals selbst angehörte, vor, die Ermittlungen im Zusammenhang mit der Mafia aus Imagegründen eingestellt zu haben. Diese waren zu teuer und die Erfolgsaussichten zu ungewiss.

Beschlagnahme der Gelder von Verwandten

Um die Situation zu ändern, schlägt der ehemalige Staatsanwalt vor, in der Schweiz spezialisierte Polizeieinheiten zu errichten. Auch das Vermögen eines Gangsters muss beschlagnahmt werden können, unabhängig davon, ob dieser verurteilt ist oder nicht. „In Italien fürchten Gangster um ihr Vermögen, anders als hier.“ Darüber hinaus müssen auch Gelder von Eltern und Geschäftspartnern eingezogen werden können.

Die kantonalen Polizeien, die den Mafiazellen geografisch am nächsten seien, hätten heute nur noch wenige Ressourcen und Fähigkeiten, betonte der Anwalt. Die organisierte Kriminalität der Mafia ist das Geschäft der Konföderation, aber die Konföderation konzentriert sich hauptsächlich auf die Wirtschaftskriminalität.

Im Oktober wies auch die Direktorin des Bundespolizeiamtes (Fedpol), Nicoletta della Valle, auf die Mängel im Kampf gegen die Mafia in der Schweiz hin und forderte einen besseren Informationsaustausch zwischen den Kantonen und dem Bund.

Im Dezember hat der Nationalrat diesbezüglich ein Postulat von Marco Romano (Centro / TI) angenommen. Die Regierung muss nun bestehende Instrumente und mögliche Gesetzesanpassungen prüfen.

/ ATS

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